09.03.2021
Chronologie und Ursachen zur Verunreinigung des Trinkwassers im Stadtgebiet Lörrach
Das Trinkwasserversorgungsunternehmen bnNETZE und die Stadtwerke Lörrach informieren über die Ursachen der Verkeimung des Trinkwassers im Lörracher Stadtgebiet.
„Trinkwasser ist eines der wichtigsten Lebensmittel, es kann kaum ersetzt werden. Diesen Eingangs- und Leitsatz der DIN 2000 zur zentralen Trinkwasserversorgung möchte ich sehr gerne zitieren, denn er beschreibt sehr eindrücklich den hohen Stellenwert des Trinkwassers,“ erläutert Oberbürgermeister Jörg Lutz. „Das Trinkwasser in Lörrach genießt eine hervorragende Qualität, umso größer war die Verunsicherung der Bevölkerung aufgrund der Verunreinigung des Trinkwassers. Dank der sofortigen und gründlichen Analyse und Ursachenforschung von bnNETZE, die seit 26 Jahren die Betriebsführung der Lörracher Wasserversorgung im Auftrag der Stadtwerke Lörrach inne haben, konnte dieses außergewöhnliche und sensible Ereignis mit der nötigen Sorgfalt gründlich aufgearbeitet werden, mit dem Ergebnis, dass wir unser Trinkwasser wieder vertrauensvoll verzehren dürfen.“
Wasser ist eine elementare Ressource. Es dient als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und wird vielfältig durch den Menschen genutzt: als Nahrungsmittel, für die Hygiene, als Transportmedium und Rohstoff sowie als Energiequelle. Im Durchschnitt verbraucht jeder Bürger und jede Bürgerin Baden-Württembergs rund 120 Liter Trinkwasser am Tag. Die Qualität des Trinkwassers wird in Deutschland permanent überwacht. Das Trinkwasser in Baden-Württemberg wird zu rund 70 Prozent aus Grundwasser und zu rund 30 Prozent aus Oberflächenwasser gewonnen, in erster Linie aus dem Bodensee und der Donau.
Das Trinkwasser in Lörrach stammt aus sieben Tiefbrunnen, vier Tiefbrunnen um Wasserwerk Grütt und drei Brunnen im Wasserschutzgebiet "Wilde Brunnen" (zwischen Hauingen und Steinen) und wird im eigenen Wasserwerk Grütt aufbereitet.
Nachfolgend stellt bnNETZE den Ablauf des Ereignisses wie auch die Ursachen und die sich ergebenden Folgen dar:
Chronologie der Trinkwasserverkeimung 10. Februar 2021:
Am 10. Februar hatten sich bnNETZE und die Stadtwerke Lörrach an die Bürgerinnen und Bürger mit einer Abkochempfehlung fürs Trinkwasser gewandt. Aufgrund von coliformen Bakterien im Wasser, die auf einen Eintrag hindeuteten, wurde dies notwendig. Am 11. Februar begann zudem die Chlorung des Wassers, nachdem auch Enderokokken in Proben nachgewiesen wurden. Die Zugabe von Chlor bedeutet fürs Wasser eine Desinfektionsmaßnahme, die so als technische Maßnahme in der Trinkwasserverordnung verankert ist und bei manchen Versorgern sogar standardmäßig angewandt wird. Sensible Einrichtungen wie Krankenhäuser, Altenheime und Dialysestationen wurden über den Chlorungsvorgang direkt informiert, damit sie ihre Gerätschaften entsprechend anpassen konnten.
In den folgenden Tagen lief zudem eine großflächige Desinfektionsaktion des kompletten Lörracher Wassernetzes, des Wasserwerks inklusive aller 13 Hochbehälter. An neuralgischen Stellen im Lörracher Stadtgebiet wurden kontinuierlich Proben genommen und von akkreditierten Laboren ausgewertet. Bis ein Ergebnis vorliegt, dauert es aufgrund der mikrobiologischen Prozesse jeweils mindestens 48 Stunden. Als die Temperaturen milder wurden, konnte zusätzlich das Wasserteam von bnNETZE das Trinkwassernetz spülen. In den Frosttagen war dies nicht möglich. Am Mittwoch, 17. Februar wurde die Abkochempfehlung für die Bürgerinnen und Bürger von Lörrach aufgehoben. Dies war möglich, da die Probeergebnisse unauffällig waren. Als Grund für die bakterielle Verunreinigung hat sich – wie bereits kommuniziert - ein Filter im Wasserwerk herauskristallisiert. Der verunreinigte Filter ist auch aktuell noch außer Betrieb. Erst nach diversen Probeläufen und Tests wird er wieder in den Kreislauf des Wasserwerks eingebunden, so bnNETZE und die Stadtwerke Lörrach.
Öffentlichkeitsarbeit:
Um die Medien und damit die Öffentlichkeit auf dem Laufenden zu halten, versendeten bnNETZE und Stadtwerke Lörrach 10 Pressemitteilungen, in denen sie den jeweiligen Stand in der Problembehebung kommunizierten. Bürger wandten sich bei Fragen zudem an den Kundenservice von bnNETZE sowie die Stadt Lörrach selbst. Aufgrund der Vielzahl an Anfragen stockte bnNETZE den Kundenservice auf. Infos gab es über die Homepage von badenova/bnNETZE, die der Stadt und auch via Twitter wurde kommuniziert.
Zusammenarbeit mit Lörrach:
Seit 1995 ist die badenova Tochter bnNETZE der Wasserpartner der Stadtwerke Lörrach und verantwortet den effizienten Betrieb der Wasserversorgung, der Bädertechnik und der historischen Quell- und Brunnenanlagen in Lörrach. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Lörrach hat sich über die Jahre kontinuierlich entwickelt:
•1995: Technische und kaufmännische Betriebsführung der Wasserversorgung
•2003: Technische Betriebsführung für die Bäder in Lörrach
•2010: Unterhaltung der historischen Quell- und Brunnenanlage
Info zur Wasserversorgung in Lörrach:
Das Trinkwasser in Lörrach stammt aus sieben Tiefbrunnen und wird im eigenen Wasserwerk Grütt aufbereitet – insgesamt sind dies rund 3,2 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr. Im Wasserwerk an sich gibt es eine Aufbereitungs- bzw. Entsäuerungsanlage fürs Rohwasser sowie drei Desinfektionsanlagen. Das Wassernetz ist 368 km lang und enthält 10 Druckerhöhungsanlagen. In 13 Hochbehältern wird das Wasser gesammelt und über rund 9.400 Hausanschlüsse an die Bürgerinnen und Bürgern von Lörrach abgegeben. Zusammengenommen haben die 13 Hochbehälter (HB) ein Fassungsvolumen von 21.000 Kubikmetern Wasser. Der kleinste HB steht im Ortsteil Hauingen auf dem Rechenberg (60.000 l), der größte HB ist die Kaverne Schädelberg, die ein Volumen von 10 Millionen Litern maximal beinhaltet. Dieser Hochbehälter versorgt die Kernstadt von Lörrach und hat somit eine zentrale Bedeutung für die Versorgung.
Qualitätssicherung:
Zur Qualitätssicherung gehört die kontinuierliche Beprobungen des Wassers: Das noch unbehandelte Rohwasser wird 120 x pro Jahr beprobt, das Trinkwasser an sich, das aus dem Werk stammt, 230 Mal pro Jahr. Im Zusammenhang mit der Belastung des Wassers im Februar wurden 140 bis 180 zusätzliche Proben genommen.
Technik / Betrieb:
Junges Grundwasser, das sich durch lockere Gesteinsschichten ohne Kalkstein bildet, hat einen großen Anteil an aggressiver Kohlensäure, die aus dem Trinkwasser entfernt werden muss. Dazu bedient man sich der Natur nachempfundener Systeme. Calciumcarbonatfilter werden vom Grundwasser durchströmt, dabei verbindet sich die Kohlensäure mit dem Calciumcarbonat (Marmor) zu Calziumhydrogencarbonat (bildet zum Teil die Härte im Trinkwasser). Einmal im Jahr muss so ein Filter nachgefüllt werden, da sich der Kalk verbraucht hat. Zur Technik des Nachfüllens: Das Material wird in Silofahrzeugen angeliefert. Die Fahrzeuge sind nachweislich gereinigt und für Lebensmittel zu gelassen. Das Material ist geprüft und für das Trinkwasser zugelassen. Dies gilt auch in mikrobiologischer Hinsicht. Die Befüllungsanlage (Injektions-anlage) wird vor Inbetriebnahme gereinigt und inspiziert, dann erfolgt die Befüllung. Der Filter wird nach der Befüllung gespült bis nur noch klares Wasser zu sehen ist und anschließend abgesenkt und für einen Tag stehen gelassen, um eine Probe zu entnehmen und im Labor analysieren zulassen. Wenn keine Befunde vorliegen, wird der Filter in Betrieb genommen. Diese Arbeiten führen wir seit 30 Jahren ohne Beanstandungen durch. Bei dem Ereignis am 10.02.2021 ist der Filter nachträglich aufgekeimt. Die Bakterien gelangten ins Netz. Durch die engmaschige Beprobung wurden die Keime aber schon direkt nach der „Aufkeimung“ gefunden und identifiziert. Unsere Grenzwerte im Trinkwasser geben einen Wert von 0 Keimen vor. Bereits am 09.02 wurden im Trinkwassernetz und an zahlreichen Stellen im Wasserwerk Proben entnommen, um die Ursache zur erkennen. Am 10.02. wurde klar, dass es sich um einen Filter im Wasserwerk handelt. Sofort wurde die Anlage außer Betrieb genommen. Alle anderen betrieblichen Anlagen wurden umgehend gereinigt (Mischbehälter, Reinwasserkammern etc). Gleichzeitig wurde mit der Chlorung des Trinkwassers begonnen und es gab weitere Probenahmen.